Geschichte

Gründung Turnerschaft Borussia

Am 22.11.1882 wurde der akademische Turnverein Borussia gegründet und an der Universität Berlin angemeldet. Man wählte den Wahlspruch „Mens sana in corpore sano“ (Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper) und betrieb gemeinsam das Turnen und Fechten, aber auch gesellige Veranstaltungen. Zwei Jahre später wurde das Tragen eines Bandes in den Farben schwarz-weiß-grün und einer schwarzen Mütze sowie die Umbenennung in „Turnerschaft Borussia“ beschlossen. Im Herbst 1928 erwarb man im Siegmundshof 3 ein geeignetes Verbindungshaus.

Gründung Turnerschaft Alemannia

Studierende der Geodäsie an der Kgl. landwirtschaftlichen Hochschule Berlin gründeten am 12.07.1891 den akademisch geodätischen Verein „Alemannia“ und führte die Farben rot-silber-hellgrün. Eine Turnabteilung wurde gebildet und Fechtwaffen angeschafft. 1893 wurde man farbentragend mit entsprechendem Band und einer hellgrünen Mütze. Im Jahr 1900 erfolgte die Umbenennung in „Turnerschaft Alemannia“. 1927 erwarb man ein Haus im Siegmungshof 18 im Bezirk Tiergarten.

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde das politische und gesellschaftliche Leben Stück für Stück gleichgeschaltet und alles dem „Führerprinzip“ unterworfen. Auch machte der Pogrom natürlich auch nicht vor jüdischen Mitgliedern der Verbindungen halt. Es erfolgte die angeordnete Überführung der Verbindungen in sogenannte Kameradschaften. Dies alles vertrug sich nicht mit den wichtigsten Prinzipien der Verbindungen, wie z.B. dem Demokratie- und dem Lebensbundprinzip. Schlussendlich sah sich die Borussia gezwungen den aktiven Bund im November 1935 aufzulösen. Ähnlich verlief die Entwicklung bei der Alemannia, die zudem 1936 ihr Haus verkaufte.

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg lag Deutschland in Trümmern, doch es machte sich auch sofort eine Aufbruchstimmung für einen Neubeginn und den Wiederaufbau des zerstörten Landes breit. Gleiches galt auch für die beiden Mutterbünde, deren überlebende Mitglieder sich nach und nach wieder zusammenfanden. Am 9. Mai 1953 gründete die Borussia im Club-Casino am Fehrbelliner Platz eine neue Aktivitas (= studentische Mitglieder) und trat nach zunächst kontroverser Diskussion der Mensurfrage (= studentisches Fechten) anschließend dem CC (Coburger Convent) als Dachverband bei. Auch die Alemannen hatten sich nach dem Krieg wieder zusammengefunden und strebten eine Fusion mit einer anderen Berliner Turnerschaft an. So kam es in der Folge auch zu ausführlichen Fusionsverhandlungen mit der Borussia, an deren Ende am 22.11.1953 in Minden die Unterzeichnung des Fusionsvertrages, der „Mindener Vereinbarung“ stand. Man wählte die Farben schwarz-weiß-hellgrün-rot und eine schwarze Mütze.

Nollendorfstraße und Hauskauf

Die ersten Semester waren geprägt von einer Rückbesinnung auf die überlieferten Traditionen. Da noch zu wenige neue studentische Mitglieder eingetreten waren, übernahmen zunächst einige Alte Herren (= Mitglieder nach beendeter Studienzeit) die Ämter. 1955 beschloss der Convent die Anmietung einer Etagenwohnung in der Nollendorfstraße 28, wo wir dann unsere Vereinsräume hatten. Im Sommer 1955 wurden 40 Alte Herren der ehemaligen Turnerschaft Markomannia bei uns aufgenommen. In den folgenden Semestern entsandten einige befreundete Verbindungen aus dem Bundesgebiet einige sogenannte Unterstützungsburschen, studentische Mitglieder der dortigen Verbindungen, die ihr Studium in Berlin fortsetzten und auch in unsere Verbindung eintraten. Diese forcierten u.a. den Plan, ein eigenes Haus zu erwerben. Dies wurde schließlich in der Lichterfelder Herwarthstraße gefunden und konnte im April 1958 von der Aktivitas bezogen werden.

Der Bau der Berliner Mauer

Der 13. August 1961 mit dem Mauerbau und der damit verbundenen Teilung Berlins hatte auch Folgen für unseren Bund. Etliche studentische Mitglieder wohnten vorher in Ost-Berlin oder in den zur DDR gehörenden Randgebieten Berlins. Viele von ihnen hatten nach einer Veranstaltung die Nacht vom 12. auf den 13. August auf dem Alemanno-Borussen-Haus verbracht und wurden davon überrascht, am nächsten Morgen nicht mehr nach Hause zurückkehren zu können.

Die „68er“

Proteste der Studenten gegen die alte Ordinarienuniversität aber auch gegen die amerikanische Vietnampolitik führten nach dem tragischen Tod Benno Ohnesorges zu Eskalationen unbekannten Ausmaßes. Die publizistische Verzerrung der Vorfälle vor allem durch die Springer-Presse rief einen ungeahnten Solidaritätseffekt hervor. Obwohl die Bewegung politisch scheiterte, war sie doch ein Katalysator für eine umfassende Liberalisierung aller gesellschaftlichen Bereiche. Gleichzeitig führte sie aber auch zu einer Identitätskrise bei den Korporationen. Auch in unserem Bund standen daher in der Folge Reformen auf der Tagesordnung. Dabei gelang es aber, durch Abschaffung der Pflichtmensur und deren künftige Freistellung für alle Mitglieder, sowie einem umfassenden Programm zur geistigen, körperlichen und gesellschaftlichen Konditionierung, ein tragfähiges Konzept für die folgenden Jahre zu entwickeln. Der CC-Austritt und die Gründung des MK gingen damit einher.

Maueröffnung, Wiedervereinigung

Die Öffnung der Mauer war für uns ein ganz herausragendes Ereignis, dass man als Berliner natürlich auch in besonderer Erinnerung behalten wird. Viele von uns, die von den sich überschlagenden Ereignissen am 9. November 1989 förmlich überrascht wurden, fanden sich noch nachts auf der Mauer vor dem Brandenburger Tor wieder, oder unternahmen einen ersten Spaziergang über den Pariser Platz. Als besonders emotionaler Moment bleiben sicher die Bilder der durch die offenen Grenzübergänge in den Westteil der Stadt strömenden Ostberliner in bleibender Erinnerung. Dem Bund eröffnete sich nun auch wieder die Möglichkeit, aktive Mitglieder aus den Reihen der Studenten der Humboldt-Uni oder der Universität Potsdam gewinnen zu können. Einher ging in Berlin eine z.T. auch schmerzhafte Strukturanpassung der beiden zuvor fast vollkommen von einander isolierten Stadthälften auf politischer, wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Ebene. Gleichzeitig war Berlin in diesen Jahren  – vor allem rund um den Potsdamer Platz – sicherlich eine der größten Baustellen der Welt.

Aufbruch auch bei uns: Perleberger Programm

Die Aufbruchstimmung nach der Wende war in der Folge auch bei uns zu spüren. Infolge anhaltender Diskussionen um ein zeitgerechtes Konzept für unsere Verbindung beschloss der Vorstand eine programmatische Fixierung eines Konzepts, dass das Überleben des Bundes in einer sich ständig verändernden Gesellschaft gewährleisten sollte. Das so entworfene „Perleberger Programm“ wurde 1996 nach ausführlichen Diskussionen vom Convent einstimmig beschlossen. Die Schwerpunkte des Programms liegen in den Bereichen Konditionierung, Bindung an den Bund und Internationalisierung. Einher ging damit nicht zuletzt auch die sicherlich umfangreichste und umfassendste Renovierung und Modernisierung des Hauses in der bisherigen Geschichte. Im Jahre 2006 schließlich wurde gemeinsam beschlossen, künftig vollständig auf das studentische Fechten zu verzichten.